Zuggeräte für rollstuhlfahrende Menschen im Naturpark Südeifel
Dr. Holger Tülp hat den Praxistest gemacht.
Der Naturpark Südeifel setzt im Rahmen des INTERREG Projektes „Barrierefreiheit ohne Grenzen“ barrierefreie Projekte in der Südeifel um. Ein wichtiger Bestandteil bei dieser Umsetzung sind Zuggeräte für Rollstühle auf Wanderwegen. Zwei Zuggeräte, in diesem Fall Swiss-Tracs, werden bereits im barrierefreien euvea-Hotel in Neuerburg ausgeliehen an rollstuhlfahrende Gäste und ihre Begleitperson. Eine Servicestation im Hotel übernimmt die Vorbereitungen, Verleih, Wartung der Geräte und informiert über geeignete Routen, die vom Naturpark und seinen Partnern festgelegt wurden. Mit diesem vom Naturpark Südeifel erdachten Konzept ist der Naturpark Vorreiter in Rheinland-Pfalz. Dr. Holger Tülp, Mitarbeiter des Naturparks Südeifel, hat die Zuggeräte mehrere Wochen auf barrierefreien und nicht barrierefreien Wegen getestet und berichtet von seinen Erfahrungen.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen ein Zuggerät für den Rollstuhl auszuprobieren?
Bei einem Gleitschirm-Absturz zog ich mir eine beidseitige Unterschenkelfraktur zu. Acht Wochen keinerlei Belastung auf die Beine ist die therapeutische Ansage. Eine lange Durststrecke für mich, da ich sonst täglich Sport in der Natur mache. Durch die Zusammenarbeit mit meiner Kollegin Indra Schapperdoth, Fachkraft für barrierefreien Tourismus beim Naturpark, wusste ich von den Rollstuhl-Zuggeräten. Die Aussicht, ein solches Gerät zu testen, war sozusagen die Beleuchtung des Tunnels, an dessen Ende das Licht ist.
Wie geländetauglich ist ein Rollstuhl-Zuggerät?
Die Messlatte hing für mich als Kletterer und Mountainbiker unwillkürlich sehr hoch. Und dennoch hat mich die Leistung des Geräts beeindruckt. Steile Passagen, ob bergauf oder bergab meistert die Maschine souverän. Die Höchstgeschwindigkeit ist allerdings mit knapp 7 km/h an begleitende Fußgänger angepasst. Die Batteriekapazität ist erstaunlich: vier bis fünf Stunden Dauerbelastung sind je nach Gelände kein Problem. Aber auch im urbanen Raum können Bordsteine und geneigte Flächen mit einem konventionellen Rollstuhl schnell zu Stresssituationen führen. Mit dem Gespann aus Zuggerät und Rollstuhl ist das vollkommen entspannt.
Ist die Handhabung kompliziert? Benötigt man einen eigenen Rollstuhl?
Die Bedienung ist denkbar einfach. Das Zuggerät wird zusammen mit einem geländetauglichen Rollstuhl verliehen, der mit Stollenreifen sowie der Kupplung für den Swiss-Trac ausgestattet ist. Der eigene Rollstuhl wird nicht benötigt.
Wie wird das Gespann transportiert?
Das „Cockpit“ des Zuggerätes lässt sich einklappen, damit besitzt es ein sehr kompaktes Transportmaß. Zum Paket gehört noch eine leichte, zerlegbare Laderampe, über die das Gerät sicher in den Kofferraum gefahren werden kann. Dazu kommt dann noch der zusammengeklappte Rollstuhl, ein Mittelklasse-Kombi PKW ist dafür mehr als ausreichend.
Wie hat es sich angefühlt nach vielen Wochen endlich wieder in der Natur unterwegs sein zu können?
Sicherlich habe ich Glückshormone ausgeschüttet. Es ist phantastisch, wie der Bewegungsradius mit solch einem Zuggerät erweitert werden kann und sich Orte erschließen lassen, die vorher nicht erreichbar schienen.
Also verbessert ein Zuggerät für Rollstühle die Lebensqualität?
Für mich war es ein Quantensprung. Auch hinsichtlich Sicherheit. Mit dem konventionellen Rollstuhl bin ich nicht selten in brenzlige Situationen gekommen.
Die Zuggeräte inklusive Rollstühle können beim euvea Hotel in Neuerburg, Bitburger Str. 21, ausgeliehen werden. Die Abholung muss auf jeden Fall im Vorfeld telefonisch abgesprochen werden unter Telefon 06564-96090. Die Rezeption ist Montag bis Freitag von 09.00 bis 13.00 Uhr erreichbar.